Aufbruch in den Ruhestand – Interview mit Sonja Mannok
Vor zwanzig Jahren war ich bei Ihrem Bewerbungsgespräch dabei, jetzt führen wir das Abschiedsinterview zum Ende Ihrer beruflichen Laufbahn. War die Entscheidung zur Übernahme der Leitung des Kindergartens der Luthergemeinde ein wichtiger „Aufbruch“ in ihrem beruflichen Werdegang?
Ja, sowohl beruflich als auch privat. Ich bin neu durch gestartet, denn ich war vorher in einer Einrichtung in Waldsee bei Mannheim tätig, drei Jahre als Erzieherin, zwölf Jahre als Leiterin. Es war eine Einrichtung mit zwei Gruppen, die ich als integrative Einrichtung mit auf den Weg gebracht habe. Griesheim war eine viel größere Kita mit fünf Gruppen und 125 Kindern. Eine neue Herausforderung, die ich gerne angenommen habe.
Wie haben Sie die Entwicklung des Kindergartens in der Zeit als Leiterin erlebt? Können Sie einige wichtige Aufbruch- oder Umbruch-Situationen beschreiben?
Es gab viele Umbruchsituationen, wir haben die Projekte für die Schulkinder eingeführt, dafür war der Umbau der ehemaligen Sandkammer als Kleingruppenraum notwendig. Wir haben regelmäßige Teamfortbildungen angeboten.
Ein Einschnitt war nach einigen Jahren, dass langjährige Erzieherinnen in Rente gegangen sind. Damals war es zum Glück noch sehr einfach, Personal zu finden, es gab eine Riesenauswahl an Bewerbungen, nicht zu vergleichen mit den heutigen großen Schwierigkeiten bei der Personalfindung.
Es kamen auch mehr Anfragen für die Aufnahme von Kindern mit Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen und das Team hat sich diesbezüglich sehr engagiert und weiter qualifiziert.
Ein weiterer Meilenstein war die Einführung des Bildungsplans 2010 und die Renovierung des Kindergartens. Durch die Einführung des Bildungsplans haben wir jetzt mehr Personal als vor 20 Jahren, aber die Anforderungen und Erwartungen an die Erzieherinnen sind um ein Vielfaches größer geworden. Auch die Nachfrage nach Ganztagsplätzen ist gestiegen. Als ich anfing, hatten wir ca. 20 Kinder mit einem Ganztagsplatz, inzwischen müssen wir Anfragen für Ganztagsplätze aufgrund der beengten räumlichen Gegebenheiten zurückweisen.
Sie tragen die Verantwortung für fünf Kindergartengruppen mit rund 120 Kindern, einem Team aus 20 Mitarbeitenden, sind Ansprechperson für Eltern, Behörden, Verwaltung und die Kirchenleitung. Es liegen gut zwei Jahre Corona-Pandemie hinter uns. Was gibt und gab Ihnen Kraft, diese Aufgabe zu meistern?
Als Älteste von vier Kindern habe ich schon immer gerne Verantwortung für das Wohlergehen meiner Geschwister und der ganzen Familie übernommen.
Ist es für Sie ein wichtiger Aspekt, dass Sie die Verantwortung als Leiterin einer christlichen Einrichtung innehaben?
Ich bin ein Mensch, der Gottvertrauen hat, das habe ich von meiner Mutter. Ihre Devise war: mit Gottvertrauen kann man alle Schwierigkeiten meistern! Eine wichtige Kraftquelle ist auch das in Krisenzeiten stets verlässliche und solidarische Kita-Team. All die Jahre fühlte ich mich in meiner Arbeit von Pfarrer Waldeck, Pfarrerin Huppert und deren Vorgängern Pfarrer Becker und Pfarrer Herrmann und dem Kirchenvorstand wertgeschätzt und voll unterstützt.
Auf die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Elternvertretern konnte ich ebenfalls immer bauen. Das alles gab mir die Kraft, den Kindergarten, gemeinsam mit meiner Stellvertreterin, auch in Krisenzeiten mit Zuversicht zu leiten.
Das Kindergartenjahr ist geprägt von religiösen und weltlichen Festen, Erntedank, das Laternenfest, Weihnachten, Ostern, das Sommerfest, die Verabschiedung der Schulkinder. Haben Sie einen Favoriten?
Ich finde all diese Feste sehr schön, weil die Kinder sie neu erleben, aber die Ostergottesdienste, dieses Ruhige und Besinnliche, das habe ich nur im Kindergarten der Luthergemeinde so erfahren.
Der Kindergottesdienst am Gründonnerstag ist mit das Schönste. Mich fasziniert jedes Jahr, wie konzentriert die Kinder dabei sind, man spürt ihre natürliche Spiritualität. Ich habe das Gefühl, jedes Kind nimmt das von der Ostergeschichte auf, was zu seinem momentanen Entwicklungsstand passt.
Beim Erntedankgottesdienst ist der Bezug zu dem, was wir zu essen haben, über die Griesheimer Landfrauen und Bauern noch besonders sichtbar. Nach dem Erntedankfest kochen wir mit den Kindern eine Gemüsesuppe mit den Erntedankgaben. Jedes Jahr laden die Kinder und Erzieherinnen die Landfrauen zum traditionellen Frühstück und gemeinsamem Tanz in den Kindergarten ein. Auch die Besuche bei der Frauenhilfe mit gemeinsamem Singen, waren immer sehr schön und für Alt und Jung sehr bereichernd.
In der pädagogischen Arbeit lagen Ihnen die Kunstprojekte mit den Kindern besonders am Herzen. Ich erinnere mich an Kunstausstellungen im Turnraum zu den Impressionisten mit Kunstwerken der Kinder. Haben Sie einen Lieblingskünstler oder Künstlerin?
Ich interessiere mich schon lange für Kunst, habe aber keinen speziellen Lieblingsmaler. Ich mag die alten Meister und die moderne Kunst. Als Frau interessiere ich mich sehr für das, was Frauen machen, denn sie haben es im Kunstbetrieb immer noch schwerer als die Männer, wahrgenommen zu werden.
Für die Kunstprojekte mit den Kindern wählte ich Künstler*innen, die sehr farbenprächtig gemalt haben wie z.B. Claude Monet, Gabriele Münter, Paul Klee und Picasso. Leider hatte ich in den letzten Jahren keine Ressourcen mehr dafür, weil auch die Leitungsaufgaben immer vielfältiger wurden.
Werden Sie die Fahrt zur Arbeit mit dem Fahrrad von Darmstadt nach Griesheim und zurück vermissen?
In der Tat werde ich das garantiert vermissen, aber es gibt auch schöne Touren rund um Darmstadt. Ich werde mir andere Strecken suchen, wo ich meine täglichen Kilometer „abstrampeln“ kann. Mein Mann ist bereits in Rente, da habe ich jetzt schon einen guten Partner beim Schwimmen, Walken und Wandern. Wir beide sind Bewegungsmenschen.
Was bedeutet für Sie „Aufbruch in den Ruhestand“? Haben Sie Pläne und Projekte für die Zeit, die vor Ihnen liegt?
Zunächst werde ich erst einmal nichts Besonderes machen und die Abwesenheit der Arbeit in Ruhe realisieren. Vielleicht werde ich mich irgendwann ehrenamtlich engagieren oder Kunstprojekte für Kinder anbieten. Ich möchte mein Interesse für Kunst ausbauen, diese prägt mich schon, seit ich jung bin.
Ich werde endlich mal zu Zeiten ins Museum gehen, wo nicht so viel los ist, Urlaub machen in der Nebensaison und für längere Zeit verreisen. Mein Mann und ich segeln auch gerne. Ein Traum von uns ist für zwei bis drei Monate ein Segelboot zu chartern und in die schwedischen und finnischen Schären zu segeln, so Gott will und die Situation es zulässt.
Vielen Dank und alles Gute für den Ruhestand! (Das Aufbruch-Interview führte Babette Chabilan, KV-Mitglied, im April 2022)
Abschied vom Kindergarten der Luthergemeinde
Nach genau 20-jährigem Wirken im Kindergarten der Luthergemeinde, werde ich in diesem Sommer in den Ruhestand gehen. Ich erinnere mich immer noch gerne daran, wie wohlgesonnen und herzlich ich damals vom Kindergartenteam, den Pfarrern und der Gemeinde mit all den Haupt- und Ehrenamtlichen aufgenommen wurde.
Das alles waren beste Voraussetzungen, mich hier wohlzufühlen und meine Arbeitskraft mit Freude einzubringen.
Wenn ich heute, kurz vor meinem Abschied, zurückblicke, bin ich sehr froh und dankbar, dass ich in diesem Kindergarten arbeiten und ihn pädagogisch und konzeptionell führend mitgestalten durfte.
Natürlich gab es auch viele ernste Herausforderungen. Besonders anstrengend war in den letzten 2 Jahren das Arbeiten unter Pandemiebedingungen. Mit allen Beteiligten haben wir aber immer erfolgreich und konstruktiv Lösungen gefunden.
Heute bedanke ich mich bei allen Menschen, den Großen, mit denen ich zusammengearbeitet habe und die mir ihr Vertrauen geschenkt haben und den Kleinen, an deren Leben und Entwicklung ich Anteil nehmen durfte.
Ich freue mich sehr auf meinen neuen Lebensabschnitt und bin dennoch auch traurig, wenn ich an all das Gute denke, das ich hinter mir lassen werde.
Ich wünsche Ihnen allen alles erdenklich Gute und Gottes Segen!!!
Herzlichst, Ihre Sonja Mannok